Kugelcharakteristik für Close-Miking

Nach dem Motto:
Starke Signaltrennung und Direktheit hat seinen Preis, den zu zahlen manchmal weder nötig noch passend ist.

Wenn das Polarpattern ohnehin nicht über alle Frequenzen sauber ist, es so oder so zu unüberschaubarem Übersprechen und konfusen Phasenauslöschungen kommen wird, der Nahbesprechungseffekt eigentlich unerwünscht ist, kann ich gleich mit Kondensatormikrofonen mit Kugelcharakteristik aufnehmen. Dafür sollte man dann aber bei Multimikrofonierung möglichst nah heran gehen oder auf weniger Mikrofone setzen und diese geschickt „dazwischen“ positionieren.

Bei manchen Räumen werden sowieso gewisse Frühreflexionen entstehen und diese aufgenommen werden, egal welches Mikrofon du verwendest.

Wenn man verschieden Kapseln bzw. Charakteristiken durchprobiert, nah bis sehr nah positioniert und es bzgl. Einstreuen zumindest im Studio fast schon egal erscheint, was wann nun nimmt … warum dann nicht gleich die „sauberere“ Kugel nehmen.

Voluminöser Sound entsteht ohnehin meist erst durch Übersprechen.

Umgekehrt lässt sich mit Dynamischen Mikrofonen (möglichst mit großer Membran) mit Hypernieren- oder Achtercharakteristik bei Close-Miking ein möglichst direkter „fetter“ surrealer Sound erzeugen. Also der starke Nahbesprechungseffekt dieser Richtcharakteristiken und die Trägheit derartiger Membranen werden ausgenutzt. Das ist für manche Rock-Stilistiken die Superlative, für andere Stilistiken und Abmischungen kann das auch schon viel zu fett sein unpräzise sein.

Nahbesprechungseffekt heißt ja nicht, dass näheres stärker aufgenommen wird, auch wenn durch die Bassanhebung subjektiv dieser Eindruck entsteht. Im Grunde ist eine Kugel im Nahbereich nicht weniger dominant. Nur werden halt andere nahe laute Schallquellen auch sehr stark aufgenommen.

Im Gegensatz zu einer Hyperniere kannst du wirklich ganz nah an die Schallquelle herangehen, ohne dass der Klang speziell wird. Somit kannst du z.B. selbst an einem Schlagzeug dennoch eine brauchbare Signaltrennung erreichen, zumindest im Nahfeld, also via Close-Miking. Das klappt vor allem gut in einem großen Raum, wo nicht so viel Frühreflexionen auftreten. Signaltrennung sollte trotzdem nicht das Hauptaugenmerk bei dieser Methode sein. Auch die Ortung ist natürlich nicht so deutlich wie mit Richtmikrofonen, was selbst für Stereo nicht gleich ein entscheidender Nachteil sein muss.

Es ermöglicht dir mit weniger Mikrofonen z.B. ein Schlagzeug klanglich sehr gut aufzunehmen. Es lässt sich dann oft auf Overheads verzichten, wenn die Mikrofone ausgewogen zwischen den Instrumenten platziert sind, wie SD&HH, SD-unten&BD, Ride&Tom, TT1&TT2. Dies erfordert aber natürlich ein sehr dynamisch kontrolliertes Spiel des Drummers, man kann umgekehrt dies aber optimal einfangen. Gaten und Filtern (EQ) wird hier ohnehin nicht erstrebenswert sein.

Das Klangergebnis wird mit Kugel-Kapseln immer viel lauter und größer klingen, dabei also voluminöser und räumlicher, was selbst bei einem Rockschlagzeug kein Nachteil sein wird, sofern die einzelnen Mikrofonspuren nicht massiv nachbearbeitet werden sollen. Das Instrument muss wirklich von vornherein schon gut klingen.

Interessant ist hierbei auch das Mikrofon, wenn möglich, innerhalb des Resonanzkörpers zu positionieren. Hierfür sollten sinnvoller Weise nur Mikrofone mit abgesetzter Kapsel eingesetzt werden (s. Übersicht>link<). Auch wenn es zu einer besseren Signaltrennung führt, kann es live bei eher leiseren Instrumenten jedoch doch unbrauchbar zu Rückkoppelung kommen. An einem kraftvoll gespieltem Schlagzeug ist eine Kugelkapsel im Trommelkesselinneren nicht nur wegen ihrer robusteren Eigenschaften (weniger Körperschall anfällig etc.) im Vergleich zur üblichen Nierenkapsel vorzuziehen. Mal abgesehen von einer stark gedämpften Bass-Drum kann in einem geschlossen Kessel einer offenen klingenden Trommel wegen der starken diffusen Reflexionen eine Nierenkapsel ohnehin nicht wirklich punkten.

An dieser Stelle möchte ich auch auf Grenzflächenmikrofone verweisen, die es oft mit Kugelcharakteristik gibt, zumindest entsprechend als Halbkugel. Es gibt auch welche in kleinerer Bauweise.

Ein möglichst natürlicher Sound wie z.B. im Akustik-Jazz ist mit Kleinmembran-Kugeln zu erreichen – close, distant und ambient. Größere Abstände werden natürlich live zum Problem, close sollte dagegen sich in allen „leisen“ Situation realisieren lassen.