Digitalpiano – Ratgeber

Digitalpiano Beispiel

Digitalpianos haben sich darauf spezialisiert ihre akustischen Kollegen so gut wie möglich nachzubilden und dabei die Vorteile eines elektronischen Instruments zu bewahren: Kompaktheit, die Möglichkeit sehr leise zu üben, und Preise die im Schnitt deutlich unter denen von Klavieren oder gar Flügeln liegen. Kennzeichen sind – wie auch beim Klavier üblich – typischerweise 88 Tasten, die schwerer gewichtet sind als z.B. bei den wesentlich leichtgängigeren Home Keyboards. Digitalpianos ab dem mittleren Preissegment werden üblicherweise in aufwändigen Gehäusen verbaut, die nicht nur optisch an akustische Exemplare erinnern sollen, sondern auch mitschwingen und für einen volleren Klang sorgen. Zu den Punkten Tastatur, Sound und Gehäuse finden sich auf dieser Seite genauere Beschreibungen und weiter unten ein Überblick über Preiskategorien und was man in diesen jeweils erwarten kann.

Tastatur

Die meisten Digitalpianos kommen mit 88 Tasten daher, was dem heutzutage am weitesten verbreiteten Standard für Klaviere entspricht. Auch sind diese Tasten in der Regel gewichtet, was bedeutet, dass der Widerstand beim Drücken höher ist als etwa bei Home Keyboards, wo die Tasten im Prinzip aus Plastikplättchen bestehen, die mit einer Feder versehen sind.

gewichtete Tastaturmechanik wie bei einem Digitalpiano
gewichtete Mechanik bei Digitalpianos
Keyboard-Tastaturmechanik
typische Home Keyboard-Mechanik

Jedoch gibt es gerade unter den höherwertigen Digitalpianos teilweise merkbare Unterschiede zwischen den Techniken, die verwendet werden um das Spielgefühl einer Tastatur „klavierartig“ zu machen. Wo einfachere Lösungen eine relativ simple Konstruktion mit Gegengewichten benutzen, setzen hochwertige Digitalpianos durchaus komplexere Mechaniken ein, um nicht nur das Gewicht an sich, sondern auch den ganzen Bewegungsablauf beim Hinunterdrücken realistischer nachzuahmen. Letzteres sind Feinheiten, die für fortgeschrittene und professionelle Musiker oft wichtig sind, jedoch für Neueinsteiger eher keine Rolle spielen, und ohne längere Erfahrung oder direkten Vergleich auch kaum wahrzunehmen sind. Worauf allerdings bereits Anfänger achten sollten, ist dass die Tasten eine für sie angenehme Schwere haben und trotzdem leicht genug beweglich sind, um nicht den Spielfluss einzuschränken. Manche Tastaturen im unteren Preissegment sind beispielsweise etwas träge im wieder-Hochkommen nachdem man sie gedrückt hat, was zu einem „unsauberen“ Gefühl führen kann, wenn man schnellere Tonabfolgen spielen möchte. Solche Details haben für unterschiedliche Leute unterschiedliche Wichtigkeit, und vieles ist eine Sache des persönlichen Gefühls bzw. Geschmacks. Also hier noch einmal ausdrücklich der Rat, eine Tastatur selber einmal angefasst zu haben, bevor man sich für einen Kauf entscheidet!

Sound

Digitalpianos spezialisieren sich vor allem auf Klaviersounds. Normalerweise sind auf einem Instrument mehrere Klaviersounds mit unterschiedlichen Charakteristiken verfügbar, sodass man zwischen brillanteren und weicheren Klängen wechseln kann, und zwischen solchen die sich etwa jeweils mehr für Klassik, Jazz oder Rock eignen. Generell gibt es dann auch noch weitere Sounds aus anderen Instrumentensparten, wozu fast immer Orgeln, Cembalos, Vibraphone und Streicher gehören. Im Allgemeinen fällt jedoch auf, dass die Klaviersounds mit mehr Liebe erstellt werden, und die weiteren Sounds oft mehr als Dreingabe funktionieren. Die Gesamtanzahl an Sounds variiert stark und kann in die hunderte gehen, wie bei Home Keyboards üblich. Ein Großteil der Digitalpianos enthält aber lediglich einige dutzend Sounds, wobei weniger Sounds dann auch oft ein Zeichen dafür sind, dass diese mit mehr Sorgfalt erstellt wurden.

Im Bezug auf die Klaviersounds kann man generell sagen, dass sie mit zunehmender Preisklasse des Instruments auch zunehmend besser werden. Klaviersounds verfügen dann je nachdem über eine mehr oder auch weniger große Sampledichte – also wie viele Aufnahmen von Klaviertönen gemacht werden, um sowohl Anschlagsdynamik als auch die klanglichen Abstufungen zwischen benachbarten Tönen realistisch erscheinen zu lassen.
Instrumente im gehobeneren Preissegment ab 700€ setzen qualitativ noch einen drauf und simulieren verschiedene Arten von Resonanzen, die in einem akustischen Klavier zwischen den einzelnen Saiten auftreten. Dadurch ergibt sich ein noch organischerer Sound, was besonders für Leute einen Unterschied machen kann, denen digitale Klaviersounds sonst zu „steril“ oder „leblos“ klingen. Die beiden am häufigsten implementierten Typen von Resonanzen sind Dämpferresonanz und Saitenresonanz. Dämpferresonanz bezieht sich auf die Saiten, die frei schwingen können und sich gegenseitig anregen, solange das Haltepedal gedrückt ist. Saitenresonanzen treten zwischen den Tönen auf, die gleichzeitig gedrückt werden, unabhängig davon, ob das Pedal betätigt wird oder nicht.

Gehäuse, Lautsprecher und Pedale

Ein Erkennungsmerkmal von Digitalpianos sind die oft großzügigen, bisweilen opulenten Gehäuse. Zum einen verstärken diese das Gefühl hinter einem „richtigen“ Instrument zu sitzen, da sie zumindest die Frontseite eines Klaviers abbilden. Aufgrund ihrer Größe, und je nach Preisklasse, Eleganz, können sie im Gesamtkonzept einer Wohnung auch durchaus als vollwertiges Möbelstück betrachtet werden. So kann die Optik für manche ein wichtiger Faktor in der Kaufentscheidung sein.

Die Gehäuse haben auch funktionelle Relevanz: je nach Bauart kann das Gehäuse (mitunter mit Holzelementen) mitschwingen und für einen volleren Klang sorgen, als dies bei kompakteren Varianten möglich wäre. In ambitionierteren Instrumenten werden statt der üblichen Stereo-Lautsprecher insgesamt vier Stück verbaut. Die Hauptlautsprecher strahlen dann nach unten ab, was für einen besseren Raumklang sorgen soll, und zusätzlich werden noch zwei kleinere Lautsprecher auf die Spieler gerichtet, sodass diese trotzdem die volle Brillanz des des Klangs wahrnehmen können.
Digitalpianos mit umfangreichen Gehäusen machen auch den Kauf von weiteren Accessoires (abgesehen von einer Klavierbank) unnötig; sie integrieren Notenpult, Ständer und Pedale in das Gesamtdesign, wie bei einem akustischen Instrument auch. Häufig handelt es sich dann auch gleich um ein Dreierpedal, dass wie bei einem Flügel die zusätzlichen Funktionen Piano (insgesamt weicherer Klang) und Sostenuto (ausgewählte Töne halten) ermöglicht.

Preiskategorien

bis 300€

Instrumente, die über eine breite Tastatur mit gewichteten Tasten verfügen, findet man bereits unter 200€. Wem Home Keyboards zu leichtgängig sind und zu wenige Tasten haben, dem bietet sich in dieser Preisklasse mit dem Thomann SP-120 eine günstige Möglichkeit ein Spielgefühl zu bekommen, das schon ein bisschen mehr in Richtung Klavier geht. Damit ist gemeint, dass es eine „wuchtigere“ Tastatur hat als die meisten anderen Keyboards in diesem Preissegment. Allerdings geht es dafür einige Kompromisse ein, wenn man es mit „vollwertigeren“ Digitalpianos vergleicht. So besitzt es 73 Tasten, im Gegensatz zu den sonst in dieser Gattung üblichen 88. Auch sind diese lediglich halb-gewichtet, und befinden sich gefühlsmäßig irgendwo zwischen einer leichtgängigen Home Keyboard-Tastatur und der schwereren Bauart, die bei Digitalpianos meist enthalten ist. Das SP-120 kommt spielfertig mit eingebauten Stereolautsprechern daher; Notenpult und einfaches Pedal werden mitgeliefert, einen Ständer muss man bei Bedarf aber extra dazukaufen.

300€ – 400€

Eine voll-gewichtete Tastatur, oft auch Hammermechanik genannt bekommt man ab etwas über 300€. Es handelt sich hierbei (auch wenn der Begriff das suggeriert) nicht um komplexe Mechaniken mit tatsächlichen Hämmern, so wie sie in Klavieren verbaut werden; dennoch haben sie ein robusteres Feeling als die leichteren halb-gewichteten Tastaturen in billigeren Instrumenten.
Das Thomann DP-26 ermöglicht hier einen günstigen Einstieg in diese Kategorie, in der 88 Tasten und voll-gewichtete Tasten bereits Standard sind. Ausstattungsmäßig werden mit dem Instrument Notenpult und ein Pedal geliefert. Es ist jedoch auch in einem Set erhältlich, das noch Ständer und Kopfhörer enthält.
Alternativ gibt es zu einem ähnlichen Preis auch schon Modelle wie das Hemingway DP-201 MKII AT, bei dem Tastatur und Ständer bereits in ein einheitliches Design integriert sind.

400€ – 700€

In dieser Preisklasse bekommt man bereits Instrumente, die ein umfangreicheres Gehäuse besitzen, bei dem auch die Pedale (nun schon meist ein Dreierpedal) fest integriert sind.
Sehr günstig ist hier das Thomann DP-33 WH. Im Vergleich zu etwas teureren Modellen werden hier ein paar Abstriche bei der Bedienbarkeit gemacht. Es besitzt nur wenige Knöpfe; die Instrumentenanwahl beispielsweise muss dann über eine Kombination aus Kontroll-Knopf und Tasten auf der Klaviatur getätigt werden, was eventuell stören kann, wenn man schnell und bequem den Sound wechseln möchte. Wem das wichtig ist der bekommt für ca. 80€ mehr mit dem Hemingway DP-501 MKII WH ein Modell, dass über wesentlich umfangreichere Bedienelemente verfügt und dadurch einfacher zu handhaben ist.

700€ und mehr

Ab um die 700€ haben die meisten Instrumente bereits ein robust wirkendes Gehäuse, dass auch von der Optik her wie eine Ergänzung zu den anderen „Möbelstücken“ in einem Haushalt gesehen werden kann. Von kosmetischen Faktoren mal abgesehen sei auf die hier bereits schon deutlich erweiterten Funktionalitäten der Instrumente hingewiesen:
Das Hemingway DP-701 MKII BP etwa besitzt vier Lautsprecher, von denen zwei nach unten abstrahlen, wodurch sich ein vollerer Raumklang ergibt.
Das etwas teurere Casio AP-270 BN Celviano besitzt lediglich zwei Lautsprecher, hat aber dafür in Punkto Klangerzeugung und Tastenmechanik einiges auf dem Kasten. Es ist eines der günstigsten unter den Instrumenten, die bereits über eine aufwändige Simulation von Saitenresonanzen verfügen. Der Sound wirkt dadurch mitunter lebendiger als bei vergleichbaren Instrumenten ohne diese Funktion. Außerdem verfügt die Tastatur über einen komplexeren Sensor, der es ermöglicht schnellere Wiederholungen auf ein und derselben Taste zu spielen.

Luxus-Klasse

Der Vollständigkeit halber sei hier auch noch auf die technisch sehr interessanten, wenn auch nicht gerade erschwinglichen Avant Grand-Modelle von Yamaha hingewiesen. Diese machen im Bezug auf die verbaute Tastenmechanik keine Kompromisse mehr. Es handelt sich hierbei nämlich nicht wie bei praktisch allen anderen Keyboards um eine Annäherung an die Funktionsweise einer akustischen Klaviermechanik; die Mechaniken in den Avant Grand Digitalpianos sind tatsächlich mit echten Klaviermechaniken mehr oder weniger identisch, mit dem einzigen wichtigen Unterschied, dass sie mit Sensoren ausgestattet sind. Das Yamaha NU-1X Avant Grand (Mechanik eines aufrechten Klaviers) und das Yamaha N-1X Avant Grand (Flügelmechanik) sind dadurch in haptischer Hinsicht sehr nah an akustischen Instrumenten dran. Das ist einerseits beeindruckend, andererseits darf man nicht vergessen, dass es sich hierbei nach wie vor um Instrumente mit digitaler Klangerzeugung handelt. Das hat natürlich gewisse Vorteile (gerade im Bezug auf Lautstärke), aber es stellt sich trotzdem die Frage, ob man bei Preisen von jeweils um die 5.000 und 8.000€ dann nicht doch lieber zu einem akustischen Instrument greift, zumal die eingebauten Sounds keinen wirklichen Vorteil gegenüber Instrumenten bieten, die einige tausend Euro weniger kosten.