Klavier oder Keyboard – wo sind die Unterschiede?

Klaviere und Keyboards sind auf technischer Ebene sehr verschiedene Instrumente, und doch haben sie sehr viel gemein: Sie alle werden über Tasten gespielt, die überwiegend dieselbe Anordnung aufweisen. Die meisten modernen Keyboards sind außerdem in der Lage einen Klavierklang (mehr oder weniger) überzeugend nachzuempfinden, mit Ausnahme von spezialisierteren Instrumenten wie etwa Synthesizern, die bewusst elektronisch klingende Sounds erzeugen. Doch auch wenn im Kern das Musizieren auf Klavieren und Keyboards nach demselben Prinzip funktioniert, gibt es doch Unterschiede, die je nach Einsatzzweck, räumlichen Gegebenheiten und persönlicher Neigung eine wichtige Rolle spielen können. Größe und Erscheinungsbild sind unmittelbar wahrnehmbare Äußerliche Unterschiede. Für Viele mindestens genauso wichtig sind auch Unterschiede in Klang und Spielgefühl. Für wen und in welchem Zusammenhang spielen diese Unterschiede eine Rolle?

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Größe

Ein Klavier ist – da besteht nicht wirklich eine Frage – ein großes Instrument. Es ist nicht nur breit, sondern geht auch in die Höhe. In der Wohnung muss daher, wie für ein Möbelstück auch, ein passender Platz gefunden werden. Auch sind Klaviere sehr schwer, was sowohl bei der Anschaffung und auch bei eventuellen Umzügen zum Tragen kommt. Diese Faktoren spielen bei Keyboards bzw. digitalen Klavieren eine längst nicht so große Rolle. Das Gehäuse mancher Digitalpianos ist zwar durchaus schwer, jedoch ist es kaum ein Vergleich zu dem Gewicht eines akustischen Instruments, in dem darüber hinaus noch eine komplexe Mechanik, dicke Saiten und ein schwerer Metallrahmen verbaut sind. Home Keyboards sind typischerweise so leicht, dass sie ohne Probleme von einer Person getragen werden können.

Klang

Ein sofort auffälliger Unterschied zwischen akustischen und elektronischen Instrumenten ist die allgemeine Lautstärke. Bei Keyboards kann man die Lautsprecher laut oder leise einstellen; ein Klavier hat selbst dann noch einen relativ durchdringenden Klang, wenn man mit einem leisen Anschlag spielt. Der Klang eines Klavier kann auch als „räumlicher“ wahrgenommen werden, etwas das teurere Digitalpianos versuchen mit mehreren Lautsprechern nachzuahmen, die in verschiedene Richtungen abstrahlen. Darüber hinaus verfügen akustische Klaviere über einen sehr komplexen Klangcharakter, den elektronische Varianten unterschiedlich gut einfangen können. Als ein wichtiger Punkt seien hier Resonanzen zwischen den einzelnen Saiten genannt. So beeinflussen sich die Schwingungen der Saiten bei mehreren gleichzeitig gedrückten Tasten immer gegenseitig. Besonders prägnant ist der Effekt bei runtergedrücktem Haltepedal; dann schwingen theoretisch alle Saiten des Klaviers ein wenig mit, selbst wenn nur ein einzelner Ton gedrückt wird. Durch solche Resonanzen ergibt sich ein „warmer“ oder „lebendiger“ Klang. Teurere Digital-Instrumente nähern sich diesem Klangcharakter durch Simulationen an.

Spielgefühl

Bei den Tastaturen von Klavieren und Keyboards gibt es eine große Bandbreite an Mechaniken und Gewichtungen. Klaviere sind in diesem Punkt bereits individuell sehr verschieden. Generell kann man aber sagen, dass für das Drücken einer Taste auf einem Klavier meist mehr Kraft erforderlich ist, als bei einem Home Keyboard. Bei Home Keyboards wird der Widerstand beim Drücken meistens über eine einfache Feder erzeugt, und die Tasten lassen sich sehr leicht runterdrücken. Digitalpianos verfügen meist über gewichtete Tasten, die eine größere Trägheit besitzen und damit dem Spielgefühl eines Klaviers näher kommen. Jedoch ist das Gewicht der Tasten alleine nicht der einzige Unterschied, der sich beim Spielen auswirkt. Die Mechanik die hinter den Tasten steckt, beim Klavier also die Übertragung des Druckes einer Taste bis hin zum Hammer der die Saite schlägt, erzeugt ebenfalls ein charakteristisches Gefühl. Manche digitale Instrumente verfügen über Mechaniken, die auch dies bis zu einem gewissen Grad nachahmen.

Komfort

Ein Punkt bei dem akustische Klaviere klar im Nachteil sind, ist die Arbeit, die in gewissen Abständen immer wieder in die Instandhaltung investiert werden muss. Leider lässt sich ein Klavier nicht so leicht stimmen wie etwa eine Gitarre, unter anderem weil es im Schnitt annähernd vierzig mal so viele Saiten besitzt. Je nach eigenem Perfektionsanspruch und der durchschnittlichen Spieldauer muss etwa einmal jährlich ein Klavierstimmer das Instrument warten. Bei älteren Klavieren fallen dann gelegentlich auch Reparaturen an den einzelnen Bauteilen an. Außerdem wird empfohlen die Temperatur und Luftfeuchtigkeit in einem Raum zu kontrollieren um das Instrument zu schonen. All dies fällt bei einem digitalen Instrument weg. Probleme mit der Tastatur-Mechanik treten bei Digitalpianos selten auf und lassen sich dann in vielen Fällen auch mit weniger Aufwand beheben.

Kann ein digitales Instrument ein akustisches ersetzen?

Vorweg gesagt: das Spielgefühl und der Klang von akustischen und digitalen Instrumenten sind auch beim heutigen Technik-Stand immer noch verschieden. Das bedeutet aber nicht, dass man auf dem einen besser Musik machen kann als auf dem anderen, oder dass das eine pauschal mehr Spaß macht als das andere. Zum einen ist es individuell verschieden ob man das Spielgefühl einer schwereren Klaviertastatur, oder das einer leichteren Keyboardmechanik vorzieht.
Auch sind Spielgefühl und Klang nur zwei aus einer Vielzahl an Faktoren, die das Erlebnis des Musizierens auf einem Tasteninstrument ausmachen. Für manche Spielstile ist die Art der Tastatur zunächst überhaupt nicht wichtig; und wie sehr man möchte, dass das Instrument möglichst genauso klingt wie ein akustisches Klavier, hängt auch vom persönlichen Geschmack ab, sowie von Erwartungen, die sich im Lauf der Zeit mit den eigenen Erfahrungen ändern können. Viele Keyboardspieler benutzen ihr Instrument außerdem auch gar nicht zum Klavierspielen, sondern schätzen es für die vielen anderen eingebauten Sounds (die ihnen auf einem akustischen Klavier erst gar nicht zur Verfügung stünden). Und wenn eine möglichst getreue Nachbildung des „Klavier-Erlebnisses“ wichtig ist, dann steht neben akustischen Klavieren auch eine ganze Reihe an digitalen Varianten zur Verfügung, die über teils aufwändige Simulationen verfügen, um den Unterschied zwischen beiden Welten zu verkleinern. Für professionelle Musiker kommt oftmals ein Kompromiss nicht in Frage und ein akustisches Instrument ist die einzige Lösung. Allerdings sind dies Kontexte in denen häufig auch aus traditionellen Gründen ein akustischer Klaviercharakter erwartet wird.
Und ja, Klaviere sind klanglich und vom Spielgefühl her verschieden von digitalen Nachbildungen. Aber diese Unterschiede sind je nach persönlichen (und auch professionellen) Erfordernissen mehr oder auch weniger relevant. In sofern können digitale Instrumente ein guter Ersatz für die akustischen „Originale“ sein. Außerdem verfügen digitale Instrumente wiederum häufig über Funktionalitäten, die akustische nicht besitzen. Dazu gehören z.B. Möglichkeiten die Gesamt-Lautstärke zu regeln, verschiedene Sounds im selben Instrument zu nutzen, oder auch das Gerät mit einem Computer zu verbinden.

Zusammenfassung der Unterschiede, Vor- und Nachteile

Sowohl akustische Klaviere als auch digitale Klaviere bzw. Keyboards ermöglichen ein in vielerlei Hinsicht sehr ähnliches Musizier-Erlebnis. Wenn man den Klang und das Spielgefühl eines akustischen Instruments besonders schätzt, dann ist jedes digitale Instrument ein Kompromiss. Dieser Kompromiss kann allerdings sehr viele Vorteile haben: Digitale Instrumente sind kleiner, leichter, weniger wartungsintensiv und fast immer wesentlich preisgünstiger. Außerdem kann man auf einem digitalen Instrument auf einer Lautstärke üben, die schonender für die Nachbarschaft ist. Ein komplett echt klingender Klavierklang lässt sich nach wie vor schwer ersetzen, ist aber (außer für Puristen) nicht für jeden notwendig. Die Auswirkungen der Tastatur-Mechanik auf das Spielgefühl sind nicht zu vernachlässigen. Keyboards haben meist leichtgängigere Tasten als Klaviere. Der spezielle Charakter von Klaviermechaniken (insbesondere von Flügeln) kann ein besonders fein abgestuftes Spiel ermöglichen, was vor allem für ambitionierte bis professionelle Pianisten wichtig ist. Letztlich sind aber sowohl Klang als auch Spielgefühl etwas sehr persönliches, und nur durch eigenes Ausprobieren kann man herausfinden, womit man sich am wohlsten fühlt.

Für wen eignet sich was?

Ob ein akustisches oder ein digitales Instrument mehr Sinn für einen macht, lässt sich oft schon anhand von äußeren Gegebenheiten entscheiden. Ist die Wohnung groß genug um ein akustisches Instrument unterzubringen, oder ist die Kompaktheit eines Keyboards vorzuziehen? Wie wichtig ist es, dass man üben kann ohne dass es z.B. für die Nachbarn zu laut wird, und möchte man eventuell sogar mit Kopfhörern spielen? Außerdem ist eine mögliche Entscheidungsgrundlage die eigene bisherige Erfahrung mit Tasteninstrumenten. Wenn man komplett neu in die Welt der Tasten einsteigt, dann scheidet der Kauf eines teuren Klaviers möglicherweise ohnehin sofort aus, da man erst einmal hineinschnuppern möchte, wie sich Klavierspielen anfühlt, und was einem dabei selber wichtig ist. Später noch auf ein teureres Keyboard oder ein akustisches Instrument umzusteigen, kann man sich damit offen halten. Für fortgeschrittene Schüler, oder solche die bereits für sich entschieden haben, dass sie unbedingt eine klassische Klaviertechnik erlernen wollen, kann es durchaus Sinn machen nach Möglichkeit ein Klavier zu kaufen, oder eben auf ein Keyboard zu setzen, dass die Klavierspielweise gut nachempfindet. Wenn man gerne verschiedene Sounds im selben Instrument zur Verfügung hat, oder erweiterte Funktionen wie dynamische Begleitautomatiken benutzen möchte, dann hat man wiederum hierfür bei Keyboards eine Reihe an einzigartigen Möglichkeiten.